Zutrittssysteme für Gebäude
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Zutrittssysteme für Gebäude
Für Facility Manager steht die effektive Zutrittskontrolle in Gebäuden an zentraler Stelle. Es gilt, autorisierten Personen den Zugang zu ermöglichen und Unbefugte verlässlich fernzuhalten, ohne dabei den Betriebsablauf zu stören. Moderne Zutrittssysteme bieten hierfür vielfältige Lösungen – von traditionellen mechanischen Schlössern bis hin zu vernetzten elektronischen Schließanlagen. Für Facility Manager bedeutet die Wahl des passenden Zutrittssystems, die Balance zwischen Sicherheit, Benutzerkomfort und Verwaltungsaufwand zu finden. Mechanische Schließanlagen punkten mit Einfachheit und geringer Technikabhängigkeit, stoßen aber in puncto Flexibilität und Sicherheit (bei Schlüsselverlust) an Grenzen. Mechatronische Systeme verbinden das Beste aus beiden Welten und eignen sich besonders gut zur Nachrüstung bestehender Anlagen oder wenn ein schrittweiser Umstieg auf digitale Kontrolle gewünscht ist. Elektronische Zutrittskontrollsysteme bieten die größten Möglichkeiten hinsichtlich Zentralsteuerung, Protokollierung und Integration in digitale Prozesse, erfordern aber Investitionen in Technik und Know-how. Wichtig ist, stets die Digitalisierungsaspekte im Blick zu haben: Zentral verwaltete Zugangsrechte und mobile Schlüssel erhöhen die Effizienz, während Echtzeit-Überwachung und Alarmfunktionen die Sicherheit steigern. Gleichzeitig dürfen sicherheitsrelevante Anforderungen nicht vernachlässigt werden – Verschlüsselung, Ausfallsicherheit und Datenschutz müssen bei elektronischen Schlössern gewährleistet sein. Die Einhaltung deutscher Normen (DIN/EN) und gesetzlicher Vorgaben (Datenschutz, Arbeitsschutz) bildet den Rahmen, in dem Zutrittssysteme betrieben werden müssen, um sicher und rechtskonform zu sein. Letztlich sollte die gewählte Lösung zum Objekt passen – sei es ein Verwaltungsgebäude, eine Schule oder eine Industrieanlage – und den dortigen Sicherheitsanforderungen sowie Nutzerbedürfnissen entsprechen. Mit einer durchdachten Planung und regelmäßigen Überprüfung kann ein Zutrittssystem erheblich zur Sicherheit und Effizienz des Gebäudebetriebs beitragen, was den Alltag von Facility Managern erleichtert.
Zutrittssysteme für strategische Standortabsicherung
- Mechanische Schließsysteme
- Mechatronische Schließsysteme
- Elektronische Zutrittskontrollsysteme
- Digitalisierung
- Sicherheitsaspekte
- Rahmenbedingungen
- Einsatzszenarien
Mechanische Schließsysteme
Mechanische Schließsysteme sind klassische Türschlösser mit physischen Schlüsseln. Sie funktionieren rein mechanisch und sind bekannt für ihre Robustheit und Zuverlässigkeit. Vorteile aus FM-Sicht sind die einfache Handhabung und niedrigen Anschaffungskosten – es ist keine Elektronik oder Stromversorgung erforderlich. Schlüssel und Schlösser unterliegen etablierten Sicherheitsnormen (z. B. definieren DIN 18252 und EN 1303 verschiedene Schließzylinder-Sicherheitsstufen hinsichtlich Bohr- und Picking-Widerstand).
Nachteile
Die Zutrittsberechtigung hängt allein vom Besitz des richtigen Schlüssels ab. Geht ein Schlüssel verloren oder wird unbefugt kopiert, entsteht ein hohes Sicherheitsrisiko. In solchen Fällen muss aus Sicherheitsgründen oft ein aufwändiger Schloss- oder Zylinderwechsel erfolgen, insbesondere wenn ein Hauptschlüssel betroffen ist. Zudem liefern mechanische Schlösser keine Protokollierung – es lässt sich nicht nachvollziehen, wer wann eine Tür geöffnet hat. Die Verwaltung vieler Schlüssel (Schlüsselmanagement) kann im Facility Management ebenfalls anspruchsvoll sein, da Zugangsänderungen manuell organisiert und kommuniziert werden müssen.
Mechatronische Schließsysteme
Mechatronische Schließsysteme stellen eine Weiterentwicklung der rein mechanischen Technik dar. Sie kombinieren mechanische Verriegelungen mit elektronischen Komponenten, etwa in Form von Schließzylindern oder Türbeschlägen mit integriertem RFID-Leser. Nutzer verwenden hier z. B. spezielle Schlüssel mit eingebautem Chip, Transponderanhänger oder Karten als Identifikationsmedium. Elektronik und Mechanik arbeiten dabei zusammen: Der Schlüssel muss physisch passen und das System muss die elektronische Berechtigung bestätigen, damit die Tür entriegelt.
Vorteile
Durch die elektronische Identifikation bieten mechatronische Systeme wesentlich mehr Flexibilität in der Verwaltung. So kann eine verlorene Schlüsselkarte oder ein gestohlener Transponder unkompliziert und zentral gesperrt werden, ohne dass gleich der ganze Zylinder ausgetauscht werden muss. Änderungen von Zugangsberechtigungen lassen sich je nach System offline vor Ort, über ein virtuelles Netzwerk oder online vornehmen – auch zeitlich begrenzte Zutrittsrechte (z. B. nur zu bestimmten Uhrzeiten) sind realisierbar. Die Systeme sind in der Regel erweiterbar, sodass neue Türen oder Nutzergruppen ohne großen Umbau integriert werden können. Zudem können mechatronische Schließanlagen Zutrittsereignisse protokollieren, wodurch nachvollziehbar wird, wer wann welche Tür benutzt hat.
Nachteile
Mechatronik ist in der Anschaffung und Wartung meist kostenintensiver als rein mechanische Lösungen – etwa durch notwendige Batterien in elektronischen Zylindern und den höheren Technologieaufwand. Dafür relativieren sich die Kosten oft über den Lebenszyklus: Teure Schlosswechsel nach Schlüsselverlust entfallen, und Nachrüstungen sind einfacher. Im Vergleich zu vollständig verkabelten, zentral gesteuerten Zutrittsanlagen ist der Installationsaufwand bei dezentralen mechatronischen Systemen geringer, jedoch bieten letztere ggf. noch umfassendere Steuerungsmöglichkeiten. Ein mechatronisches System kann zudem bei leeren Batterien oder technischen Defekten den Zugang erschweren – regelmäßige Wartung (Batteriewechsel, Funktionsprüfungen) ist daher wichtig.
Elektronische Zutrittskontrollsysteme
Elektronische Zutrittssysteme (digitale Schließsysteme) verzichten gänzlich auf mechanische Schlüssel. Der Zugang wird hier durch elektronische Authentifizierung gewährt, zum Beispiel per PIN-Code, Chipkarte/Transponder, RFID-Schlüsselkarten, Funksender oder Smartphone-App. Die Tür wird typischerweise durch einen elektrischen Türöffner, ein motorisches Schloss oder ein elektromagnetisches Schloss freigegeben, sobald ein gültiges Signal von einem Leser oder Sensor empfangen wird. Biometrische Verfahren (Fingerabdruck, Iris-Scan) sind ebenfalls möglich und kommen vor allem in Hochsicherheitsbereichen zum Einsatz.
Vorteile
Elektronische Systeme bieten den höchsten Komfort und Kontrollgrad. Zentrale Verwaltungssoftware erlaubt es, Zugangsberechtigungen präzise zu steuern – Facility Manager können festlegen, wer wann welche Tür öffnen darf, und dies bei Bedarf sofort ändern. Änderungen lassen sich ohne physischen Eingriff am Schloss umsetzen (kein Schlüsseltausch mehr notwendig). Verlorene Transponder oder Karten können mit wenigen Klicks deaktiviert werden, ohne dass die Sicherheit des Gesamtsystems leidet. Darüber hinaus wird jeder Zutritt in der Regel protokolliert, wodurch bei Bedarf nachvollziehbar ist, wer zu welcher Zeit einen Raum betreten hat – ein Plus für Sicherheit und auch im Hinblick auf Auditierbarkeit oder Untersuchung von Vorfällen. Elektronische Zutrittssysteme sind sehr skalierbar: Neue Türen oder Benutzer lassen sich einfach ins System aufnehmen, auch standortübergreifend. Durch die Abkehr vom „Schlüsselmanagement“ entfällt viel administrativer Aufwand im Alltag.
Nachteile
Die höhere Technologiekomplexität bringt auch einige Herausforderungen mit sich. Die Initialkosten für Hardware (Leser, Steuerungseinheiten, Software) und Installation (etwa Verkabelung bei Online-Systemen) sind deutlich höher als bei einfachen Schlössern. Zudem muss eine technische Infrastruktur bereitgestellt und betreut werden – inkl. Netzwerk, Softwarepflege und ggf. Benutzerverwaltung. Facility Manager benötigen hier teilweise IT-Kenntnisse oder externe Unterstützung, z.B. wenn es um Software-Updates oder die Anbindung ans Firmennetz geht. Elektronische Systeme sind außerdem auf Stromversorgung angewiesen: Bei netzgebundenen Anlagen muss im Notfall eine USV (unterbrechungsfreie Stromversorgung) einspringen, während batteriebetriebene Schlösser regelmäßige Batteriewechsel erfordern. Fällt die Elektronik aus oder liegt eine Störung im System vor, kann der Zutritt temporär blockiert sein – entsprechende Notfallkonzepte (etwa mechanische Notöffnungsoptionen oder Redundanzen) müssen daher vorhanden sein. Abschließend ist die IT-Sicherheit ein Faktor (siehe unten): Ohne angemessenen Schutz können Cyber-Risiken entstehen, die es bei herkömmlichen Schlüsseln nicht gibt.
Zentrale Verwaltung und Digitalisierung im Zutrittsmanagement
Die fortschreitende Digitalisierung bringt für Zutrittssysteme erhebliche Vorteile in Verwaltung und Alltag. Moderne elektronische Anlagen verfügen über zentrale Managementsoftware, über die Facility Manager alle Türen und Berechtigungen im Blick behalten. Zugangsrechte lassen sich zentral erteilen, ändern oder entziehen, ohne jeden Türzylinder einzeln bearbeiten zu müssen. Dies erhöht nicht nur die Sicherheit, sondern reduziert auch den Verwaltungsaufwand signifikant. So können etwa neue Mitarbeiter oder Dienstleister remote freigeschaltet werden, und im Falle eines verlorenen Ausweises wird dessen Berechtigung mit wenigen Klicks entzogen.
Mobile Lösungen spielen in diesem Zusammenhang eine immer größere Rolle. Viele Hersteller bieten Smartphone-Apps oder digitale Schlüssel an, mit denen Türen per Mobilgerät geöffnet werden können. Die Authentifizierung erfolgt dabei über NFC, Bluetooth oder cloudbasierte Berechtigungen. Für Facility Manager bedeutet dies, dass Zutrittsrechte standortübergreifend und in Echtzeit verwaltet werden können – etwa kann einem Techniker kurzfristig per Smartphone-Zugriff Zutritt gewährt werden, ohne dass ein physischer Schlüssel übergeben werden muss. Auch temporäre Codes (z. B. für Besucher oder Lieferanten, die nur einmalig Zutritt erhalten sollen) lassen sich digital bereitstellen. Die zentrale Cloud-Anbindung mancher Systeme ermöglicht es zudem, Türen aus der Ferne zu entriegeln oder zu verriegeln.
Darüber hinaus verschmelzen Zutrittssysteme zunehmend mit dem Gebäudemanagement. Über Schnittstellen können sie z.B. an die Zeiterfassungssysteme oder Alarmanlagen gekoppelt werden. In modernen Smart Building-Konzepten ist es möglich, Zutrittssteuerung, Beleuchtung, Klimatisierung und Sicherheitstechnik zusammenzuführen. Beispielsweise kann ein zentraler Zeitplan festlegen, dass außerhalb der Geschäftszeiten bestimmte Bereiche automatisch verschlossen werden und die Alarmanlage scharf geschaltet wird. Die nahtlose Einbindung der Zutrittskontrolle in Apps oder Web-Portale vereinfacht die Bedienung erheblich. So kann der Facility Manager über eine einzige Plattform Türen überwachen, Berechtigungen vergeben und im Alarmfall Benachrichtigungen über unübliche Zutrittsversuche erhalten. Diese digitale Vernetzung erhöht nicht nur den Komfort, sondern trägt auch zur Sicherheit bei, da Anomalien schnell erkannt und behoben werden können.
Elektronische Zutrittssysteme müssen hohen Sicherheitsstandards genügen – sowohl physisch (Schutz vor Einbruch) als auch digital (Schutz vor Hacking/Manipulation). Wichtige Eigenschaften und Maßnahmen aus Sicherheits-Sicht sind:
Datenverschlüsselung & Manipulationsschutz: Kommunikation zwischen Identifikationsmedium (Karte, Transponder, Smartphone) und dem Schließsystem sollte stets verschlüsselt erfolgen. Moderne Systeme nutzen hierzu sichere Verschlüsselungsverfahren, um ein Abhören oder Kopieren der Ausweisdaten zu verhindern. Die einschlägige Norm DIN EN 14846 fordert, dass elektronische Schließsysteme manipulationssicher aufgebaut sind und datenschutzkonform arbeiten – insbesondere hat die Verschlüsselung der Datenübertragung eine zentrale Bedeutung. Ältere RFID-Systeme (wie z.B. unsichere MIFARE-Classic-Varianten) gelten als überholt, während aktuelle Transponder (MIFARE DESFire, LEGIC etc.) mit aktueller Kryptografie arbeiten, um unbefugtes Auslesen zu unterbinden.
Ausfallsicherheit & Notbetrieb: Ausfallsicherheit bedeutet, dass ein Zutrittssystem auch bei Störungen oder Stromausfall ein definiertes Sicherheitsniveau hält. In sicherheitskritischen Bereichen sollten Schlösser im Fehlerfall fail-safe (für Personenschutz) oder fail-secure (für Objektschutz) reagieren – je nach Anforderung. So ist es beispielsweise essentiell, dass Türen in Flucht- und Rettungswegen bei Stromausfall oder im Brandfall jederzeit von innen ohne Schlüssel geöffnet werden können. Hier greifen technische Lösungen wie Notstrompuffer, mechanische Notentsperrungen oder spezielle Panikschlösser. Die Normen DIN EN 179 (Notausgangsverschlüsse) und DIN EN 1125 (Panikverschlüsse) stellen sicher, dass im Notfall ein sicheres Verlassen des Gebäudes mit nur einer Handbewegung möglich ist. Für elektrisch verriegelte Notausgänge definiert DIN EN 13637 spezielle Anforderungen, damit auch elektronische Fluchttüranlagen im Ernstfall zuverlässig entriegeln. Aus FM-Sicht ist ebenfalls wichtig, dass das System Störungen selbstständig meldet (z. B. niedrigen Batteriestand oder Sabotageversuche) und im Fall einer technischen Panne klar festgelegte Notfallprozesse greifen (z. B. Bereitstellung von mechanischen Notschlüsseln für berechtigte Personen).
Systemzuverlässigkeit & Redundanz: Die technische Zuverlässigkeit eines Zutrittssystems ist Grundvoraussetzung für die Gebäudesicherheit. Daher sollten hochwertige elektronische Schlösser und Komponenten geprüft und zertifiziert sein. In Deutschland gibt es hierfür neben DIN-Normen auch VdS-Richtlinien (Vertrauen durch Sicherheit), die z.B. Schließzylinder auf ihre Widerstandsfähigkeit testen. Viele elektronische Schließzylinder tragen VdS-Klassifizierungen (A, B, B+, C) und erfüllen damit auch mechanische Sicherheitsstandards (nach DIN 18252/EN 1303) zusätzlich zu den elektronischen Anforderungen. Für die zentrale Steuereinheit von Zutrittskontrollanlagen beschreibt DIN EN 60839-11-1 ein Modell von Sicherheitsgraden 1 bis 4, je nach Risikoprofil der Anwendung. In höheren Sicherheitsgraden sind z.B. striktere Anforderungen an Sabotageerkennung, Zugangskontrollsoftware und Zutrittspunkt-Überwachung gestellt. In der Praxis sollte eine Zutrittsanlage immer gemäß einer Risikoanalyse ausgewählt und konfiguriert werden – kritische Bereiche (z. B. Labore, Rechenzentren) erfordern höhere Sicherheitsstufen als etwa ein einfacher Lagerraum. Zusätzlich empfiehlt es sich, Redundanzen vorzusehen: etwa ein zweiter Admin-Zugang, falls der erste ausfällt, oder die Möglichkeit, Türen im Notfall manuell zu öffnen.
Software-Sicherheit & Updates: Da elektronische Zutrittssysteme letztlich IT-Systeme sind, müssen sie gegen Cyber-Angriffe geschützt werden. Hersteller und Betreiber sollten auf regelmäßige Sicherheitsupdates der Systemsoftware achten, um bekannte Schwachstellen zu schließen. Wo möglich, sollte die Kommunikation der Komponenten untereinander über abgesicherte Netzwerke oder VPN erfolgen. Auch Zugangsdaten für Administratoren sind stark zu sichern (z.B. durch komplexe Passwörter oder Zwei-Faktor-Authentifizierung für das Management-Portal). Protokollierung und Monitoring der Zutrittsversuche sind nicht nur organisatorisch hilfreich, sondern können auch Anomalien erkennen lassen (etwa viele Fehlversuche an einem Leser als Hinweis auf Manipulation). Insgesamt ist ein aktuelles Cybersecurity-Konzept unabdingbar, um die digitale Sicherheit des Zutrittssystems zu gewährleisten.
Bei der Auswahl und dem Betrieb von Zutrittssystemen in Deutschland müssen Facility Manager verschiedene Normen und Gesetze beachten. Im Folgenden ein Überblick über wichtige Regelwerke und Vorgaben:
Sicherheitsnormen für Schlösser und Zutrittsanlagen: Mechanische und mechatronische Schließsysteme unterliegen Normen wie DIN 18252 und EN 1303, die Anforderungen an Schließzylinder bezüglich Einbruchhemmung definieren (z.B. Mindestwiderstand gegen Lockpicking). Türbeschläge und Schlösser werden u.a. nach DIN EN 1906 (Türbeschläge) und DIN 18257 geprüft, die Klassifizierungen für Angriffswiderstand vorsehen. Elektronische Türschlösser müssen gemäß DIN EN 14846 konstruiert sein, welche Manipulationssicherheit und Datensicherheit fordert. Für ganze Zutrittskontrollanlagen gilt DIN EN 60839-11-1 (VDE 0833-4), die ein vierstufiges Sicherheitsgrad-Modell mit entsprechenden technischen Anforderungen (Kommunikation, Selbstschutz, Alarmierung, Notstromversorgung etc.) beschreibt. Außerdem haben Institutionen wie VdS eigene Richtlinien, deren Einhaltung z.B. für Hochsicherheitsbereiche oder Versicherungsschutz relevant sein kann.
Arbeitsschutz und Fluchtwegvorschriften: Aus Arbeitsschutz- und baurechtlicher Sicht darf die Zutrittskontrolle nicht zur Falle werden. Arbeitsstättenverordnung und Landesbauordnungen schreiben vor, dass Türen in Fluchtwegen jederzeit von innen ohne besondere Hilfsmittel geöffnet werden können. Folglich müssen Zugangssysteme an Notausgängen über Notfallentriegelungen (Panikfunktion) verfügen – bei mechanischen Schlössern etwa Panik-Druckstangen nach DIN EN 1125, bei elektronischen Systemen kombinierte Lösungen mit Not-Auf-Tastern oder Stromausfallentsperrung. Die Richtlinie über elektrische Verriegelungen von Türen in Rettungswegen (EltVTR, in vielen Bundesländern als Technische Regel eingeführt) konkretisiert, wie elektrisch gesicherte Türen im Notfall automatisch entriegeln müssen. DIN EN 179 und DIN EN 1125 (siehe oben) regeln die Produktanforderungen für Notausgangs- und Panikverschlüsse, um ein sicheres Entkommen zu gewährleisten. Neuere Normen wie DIN EN 13637 definieren zudem, wie elektrisch gesteuerte Fluchttüranlagen auszusehen haben, damit im Gefahrenfall keine Person eingeschlossen bleibt. Facility Manager sollten sicherstellen, dass jede Tür, die Teil eines Rettungsweges ist, entsprechend ausgestattet und gekennzeichnet ist. In regelmäßigen Abständen sind Funktionstests der Notöffnungen durchzuführen, um die Sicherheit im Ernstfall zu garantieren.
Datenschutz (DSGVO/BDSG): Elektronische Zutrittssysteme verarbeiten personenbezogene Daten – z.B. in Form von Zutrittsprotokollen, aus denen hervorgeht, welche Person wann welche Tür passiert hat. Hier greift die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Personenbezogene Zutrittsdaten dürfen nur zu legitimen Zwecken erhoben und verarbeitet werden. In der Praxis bedeutet das: Die Speicherung und Auswertung von Zutrittslogs muss gerechtfertigt, transparent und auf das nötige Minimum beschränkt sein[30]. Mitarbeiter und Besucher sind über die Datenverarbeitung zu informieren; oft ist eine Datenschutzerklärung oder -richtlinie im Unternehmen notwendig. Wichtig ist auch die Zugriffsbeschränkung auf diese Daten – nur befugte Stellen (z.B. Sicherheitsbeauftragte oder bestimmte Administratoren) dürfen die Protokolle einsehen. Außerdem sind ausreichende IT-Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, damit die sensiblen Daten nicht in falsche Hände geraten (siehe Verschlüsselung und Updates oben). Ein Verstoß gegen Datenschutzvorgaben kann rechtliche Konsequenzen haben, daher sollte der Datenschutzbeauftragte früh in die Planung eines digitalen Schließsystems einbezogen werden. Ein durchdachtes Datenschutzkonzept schafft auch Vertrauen bei den Nutzern des Gebäudes, da sie sehen, dass ihre Zutrittsinformationen geschützt und verantwortungsvoll behandelt werden.
Betriebsrat und Mitbestimmung: Sofern Zutrittssysteme in einem Unternehmen eingesetzt werden, unterliegen sie ggf. der Mitbestimmung. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§87 BetrVG) hat der Betriebsrat bei technischen Einrichtungen, die zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle der Mitarbeiter geeignet sind, ein Mitbestimmungsrecht. Elektronische Schließanlagen mit personalisierten Ausweisen fallen in vielen Fällen darunter, da sie nachvollziehen können, wann Mitarbeiter kommen und gehen. In der Praxis bedeutet dies, dass Einführung und Ausgestaltung eines solchen Systems mit dem Betriebsrat abgestimmt und in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden sollten. Darin kann z.B. festgelegt sein, wie lange Zutrittsprotokolle gespeichert werden, zu welchen Zwecken sie ausgewertet werden dürfen und wie der Missbrauch der Daten verhindert wird. Auch die Zutrittsrechte selbst können mitbestimmungspflichtig sein, etwa Regelungen, wer Zugang zu welchen Bereichen hat (z. B. aus Arbeitsschutzgründen Zugangsbeschränkungen zu gefährlichen Anlagen). Für öffentliche Einrichtungen greifen vergleichbare Beteiligungsrechte der Personalräte. Durch frühzeitige Einbindung aller Beteiligten (Betriebsrat, Datenschutzbeauftragter) stellt man sicher, dass das Zutrittssystem rechtssicher und akzeptiert betrieben werden kann.
Praxisbeispiele und Einsatzszenarien
Zutrittssysteme müssen immer an die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Gebäudes und Nutzers angepasst werden.
Im Folgenden einige praxisnahe Szenarien, wie verschiedene Schlosstypen und Technologien in Deutschland eingesetzt werden:
Verwaltungs- und Bürogebäude: In Bürokomplexen mit vielen Mitarbeitern und Besuchern sind elektronische Kartensysteme weit verbreitet. Mitarbeiter erhalten personalisierte Ausweiskarten oder Transponder, die ihnen Zugang zu definierten Bereichen (Büros, Konferenzräume, Archiv) geben. Die Facility Manager können zentral steuern, wer z.B. in die IT-Räume oder Chefetage darf. Gerade bei häufigem Personalwechsel (Onboarding neuer Kollegen, Austritt von Mitarbeitern) zahlt sich die schnelle Rechteverwaltung aus – ausgetretene Mitarbeiter werden im System gesperrt, ohne dass Schlösser getauscht werden müssen. Besuchermanagement lässt sich durch temporäre Gästeausweise integrieren. In Bürogebäuden ist oft auch die Zeiterfassung mit der Zutrittskontrolle verknüpft, sodass das Registrieren am Eingang zugleich als Arbeitszeiterfassung dient. Mechatronische Systeme kommen hier mitunter zum Einsatz, wenn bestehende mechanische Schließanlagen schrittweise digital aufgerüstet werden sollen (z.B. durch Austausch einzelner Zylinder). Mechanische Schlösser findet man meist noch an weniger sicherheitsrelevanten Türen (z.B. Putzmittelräume) oder als Backup-Lösung. Ein wichtiger Aspekt in Verwaltungsgebäuden ist zudem die Zugangsteuerung außerhalb der Geschäftszeiten: Elektronische Systeme können automatisch umschalten, dass etwa ab 19 Uhr nur noch berechtigte Mitarbeiter oder der Wachdienst Zutritt erhalten (ggf. kombiniert mit Alarmanlage).
Bildungseinrichtungen (Schulen, Hochschulen): In Schulen und Universitäten steht die Sicherheit der Schüler und Studierenden im Vordergrund, aber auch eine praktikable Handhabung. Häufig werden hier mechanische Schließanlagen mit einem Hauptschlüssel für Hausmeister und einzelnen Schlüsseln für Lehrkräfte noch genutzt – insbesondere in älteren Schulen. Zunehmend setzen jedoch auch Schulen auf elektronische Schließsysteme, um z.B. Computer-Räume, Labore oder Außentüren zeitgesteuert zu verriegeln. Ein Vorteil elektronischer Lösungen in Schulen ist die Möglichkeit, zeitliche Zugangsfenster einzustellen: So kann z.B. eingestellt werden, dass bestimmte Eingänge nur während der Pausenzeiten geöffnet sind und ansonsten automatisch verschlossen bleiben. Mechatronische Zylinder können in historischen Schulgebäuden nachgerüstet werden, ohne die Türbeschläge komplett zu erneuern – Lehrkräfte hätten dann einen programmierbaren Schlüssel/Transponder statt vieler verschiedener Schlüssel. In Hochschulen mit offenem Campus sind elektronische Systeme mit Zentralverwaltung sehr hilfreich: Etwa können Studenten berechtigt werden, mit ihrem Studentenausweis Fachschaftsräume oder Labore zu betreten, wobei die Berechtigungen zentral vom Facility Management (oder der jeweiligen Fakultät) verwaltet werden. Wichtig ist in Bildungsstätten auch das Thema Notfallmanagement: Türen dürfen im Gefahrenfall (Feuer, Amok-Alarm) nicht verriegelt bleiben. Hier werden oft Panikschlösser in Kombinations mit elektronischer Steuerung eingesetzt, die im Alarmfall automatisch entriegeln, aber sonst kontrollierten Zutritt ermöglichen.
Industrieanlagen und Rechenzentren: In industriellen Umgebungen und Hochsicherheitsbereichen stehen Zutrittssysteme vor der Herausforderung, sowohl hohe Sicherheitsanforderungen als auch praktische Belange (z.B. Schichtbetrieb) abzudecken. Häufig kommen hier online vernetzte Zutrittskontrollsysteme zum Einsatz, die mit anderen Sicherheitssystemen integriert sind. Beispielsweise kann an einer Werkszufahrt eine RFID-Karte gleichzeitig die Schranke öffnen und am Gebäude die Türen, wobei das System protokolliert, wer sich auf dem Gelände befindet. In Bereichen mit Gefahrenstoffen oder sensiblen Produktionsprozessen ist es üblich, Zugänge strikt zu reglementieren – nur speziell geschultes Personal erhält Zutritt, was im System hinterlegt ist. Mechanische Schlösser spielen in solchen Bereichen meist nur noch als Redundanz (Notöffnung) eine Rolle oder für weniger kritische Nebenzugänge. Biometrische Authentifizierung (z.B. Handvenenscanner in Rechenzentren oder Iris-Scanner in Laboren) bieten zusätzliche Sicherheitsebene, um höchste Schutzklassen zu erfüllen. Für Facility Manager in Industrieanlagen ist auch die Integrität der Protokolle wichtig: Bei Zwischenfällen (Unfälle, Sabotage, Diebstahl) kann die lückenlose Nachvollziehbarkeit wer, wann, wo war, entscheidend sein. Zudem verlangen Versicherungen für bestimmte Bereiche (z.B. Gefahrstofflager) oft den Nachweis, dass Zutrittssysteme den anerkannten Normen und VdS-Richtlinien entsprechen. Auch Arbeitsschutz spielt hinein: So muss sichergestellt sein, dass im Notfall alle Personen das Gelände verlassen können – elektronische Schleusen etwa müssen bei Feueralarm automatisch offen stehen, damit niemand eingeschlossen bleibt.
(Auch in anderen Bereichen finden Zutrittssysteme Anwendung. In Krankenhäusern werden z.B. Medikamentenlager oder OP-Bereiche elektronisch gesichert; in Mehrfamilien-Wohnanlagen ermöglichen Transponder statt Schlüssel den Zugang zum Haus und steuern gleichzeitig Tiefgarage oder Aufzug. Die hier betrachteten Prinzipien lassen sich also auf viele Gebäudetypen übertragen.)
